Anna Andersch-Marcus

* 1914 in Kiel bis † 2005

Biographie: Anna Andersch-Marcus; auch Anna Kienau wurde am 29. Mai 1914 in Kiel als Tochter des Franzosen und Halbjuden Christian Henry Nagel und dessen protestantischen Ehefrau Friederike geboren. Sie war eine deutsche Glasmalerin. Sie besuchte von 1931 bis 1935 die Technische und kunstgewerbliche Fachschule in Kiel bei Werner Lange (1888–1955) und wechselte dann an die Graphische Fachschule Berlin. 1937 heiratete sie ihren Studienkollegen Carl-Adolf Kinau (geb. 1910; † unbekannt), Sohn Gorch Focks[4]. 1939 und 1941 wurden die Kinder Anna und Jan geboren. Nachdem ihr Mann in den Kriegsdienst eingezogen worden war, zerbrach in der Folge die Ehe. Bei Kriegsende stand sie vor dem Nichts, erhielt aber nach Kriegsende von den Besatzungsmächten zahlreiche Aufträge und konnte ihr Einkommen durch weitere Malereien sicherstellen. Mit ihrer Fenstermalerei von Kirchen und Synagogenfenstern hatte sie so viel Erfolg, dass sie in ganz Deutschland bekannt wurde. Nach anfänglichen grafischen Arbeiten entstanden später vornehmlich Landschafts- und Architekturbilder mit abstrahierenden Formen und streng tektonischen Kompositionen; sie versuchte sich auch an der Gouachemalerei. 1955 und 1961 nahm sie mit Öl- und Temperabildern an den Ausstellungen Hamburger Künstler teil. Zudem erfüllte sie viele Kunst-am-Bau-Aufträge im Bereich Wandmalerei und Fenstergestaltung im Hamburger Raum. 1969 siedelte sie nach Israel über. Aber auch nach ihrem Umzug beteiligte sie sich noch 1983 an einer Gemeinschaftsausstellung in Hofgeismar in der Galerie am Markt. Nach ihrer Umsiedlung nach Israel lebte sie, unter anderem als Glasmalerin im muslimischen Viertel von Jerusalem, bevor sie in die Negev-Wüste nach Jerocham umzog. 2001 fand eine Benefiz Ausstellung zur Rettung der einzigen Glasmalerei-Fenster in Norderstedts Kirchen mit Werken der Künstlerin dieser Fenster, die die törichten und klugen Jungfrauen zeigten. Sie trat in der Dokumentation Hitler und die Frauen (Institut für Auslandsbeziehungen, 2001) als Zeitzeugin auf und erzählte, wie sie nach ihrem Arbeitsverbot heimlich Aufträge von Leni Riefenstahl bekam. Sie heiratete 1949 Martin Andersch (1921–1992)[5], Grafiker, Schriftkünstler und Bruder von Alfred Andersch. Ihr gemeinsamer Sohn Dirk Andersch (* 6. Februar 1950 in Hamburg) wurde Maler und Radierer. Anna Andersch-Marcus war in dritter Ehe mit Shlomo Marcus, ein Enkel von Josef Eschelbacher, verheiratet und konvertierte hierzu zum jüdischen Glauben. Sie verstarb am 11. April 2005 in Jerocham, Israel.

NS-Zeit: Bereits nach vier Monaten erhielt sie, nicht nur wegen ihrer jüdischen Herkunft, sondern auch, weil sie sich seit 1933 weigerte, den Hitlergruß auszuführen und in den NS-Studentenbund einzutreten, von den Nationalsozialisten ein Studienverbot; die SS konfiszierte 20 ihrer expressiven Holzschnitte und vernichtete sie als „bolschewistische“ Kunst; sie wurde auf die „Schwarze Liste“ gesetzt. Der Deutsche Künstlerbund schloss sie aus. Sie konnte sich bis 1938 in Berlin mit Unterstützung von Freunden und anderen Künstlern mit Arbeitsaufträgen durchschlagen, unter anderem auch für die Organisation Todt und selbst für die SS, deren „Hausvisitationen“ sie andererseits bedrohten und einzuschüchtern versuchten; in dieser Zeit nahm sie von 1935 bis 1938 Privatunterricht bei dem Tiermaler und Zeichner Jakob Friedrich Bollschweiler (1888–1938). Nachdem sie als Anna Kinau 1938 Berlin überstürzt verlassen musste, zog sie zu ihrem Mann nach Dessau, wo dieser als Maler und Bühnenbildner am Theater arbeitete, bis sie 1939 nach Hamburg zogen. Zwischen September 1939 bis 1968 war sie in Hamburg-Finkenwerder ansässig. 1941 kam ihre Akte mit der Auflistung ihrer anti-nazistischen Studentenaktivitäten von Berlin nach Finkenwerder, worauf sie von der Familie ihres Mannes im Dezember 1941 mit ihren Kindern auf die Straße gesetzt wurde; sie bezog daraufhin mit ihren Kindern eine primitive Notwohnung. Anna Kinau lebte unter Polizeiaufsicht und durfte Finkenwerder nicht verlassen. Die Fischer von Finkenwerder schützten sie, indem sie sie als verrückte Künstlerin ausgaben und tolerierten und sorgten dafür, dass sie sich dennoch einleben konnte. 1943 verbrannten ihre in Hasselbrook deponierten Möbel, Haushaltsgegenstände und Bilder. Das ererbte Geld wurde konfisziert, ihre Papiere verschwanden.

Einzelausstellungen:

1948 Hamburg Buchhandlung Henschel.
1955 Hamburg Buchhandlung Von der Höh.
1960 Hamburg Öff. Bücherhalle Winterhude im Planetarium (Kat.).
1963 Stuttgart, Mannheim GEDOK. Hamburg Esso-Pavillon.
1964 Hamburg Bauzentrum. Loccum Ev. Akademie. Hamburg Ev. Frauenwerk.
1967 Hannover Esso-Motorhotel. Plön Koppelsberg.
1968 Hamburg Cafe Latin. Haifa Haifaer Gal.
1969 Jerusalem Nora-Gal. (seitdem regelmäßig).
1971 Kfar Saba Bet Tarbut le Zeiri.
1979 Konstanz Alte Gal. d. Universität.
1994 Hamburg Ev. Akademie.
1995 Be’er Sheva Israel.
1996 Yeruham.

Ausstellungsbeteiligungen:
1943/6. 1946 Hamburg MKG.
1948 Hamburg KV.
1949-52 Finkenwerder Kulturverein.
1952 (53, ‘55,‘56) Hamburg BBK.
1962 (‘65) Paris Musee d’Art Moderne.
1962 München u.a. GEDOK.
1963 Hamburg BP-Heim.
1966 Hamburg Bauzentrum.
1980 Roussillion Gal. Castrum. Lexikonartikel AKL. Vollmer. Wolff-Thomsen. Brenner, Hedwig: Jüdische Frauen in der bildenden Kunst, Konstanz

Literatur: Frenzel, Christian Otto: Kunst am Bau in Hamburg 1947-1958, Hamburg 1959. Heydorn 1974. Reimers, Brita: Anna Andersch-Marcus: Wüste und Wasser, Hamburg 1994. Chertak, Haim: Israeli Preoccupations. New York 1994.

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Werke

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