Willi Breest

* 1891 in Kuhlrade bis † 1952

Biographie: Willi Carld Friedrich Franz Breest wurde am 27.8.1891 in Kuhlrade/Mecklenburg geboren und verstarb am 23.7.1952 in Hamburg. Nach Abschluss der Realschule in Lübeck und einer nachfolgenden Malerlehre absolvierte Breest ab 1912 die Kunstschule Lübeck bei Prof. von Lützendorf. 1912-14 studierte er an der Akademie München bei Hugo von Habermann. Im 1. Weltkrieg diente er bei der Infanterie. Anschließend setzte er bis 1921 das Studium an der Berliner Akademie fort, u.a. bei Cesar Klein. Er beteiligte sich 1920-22 an den Ausstellungen der Novembergruppe.
Ab 1920 lebte er freischaffend in Berlin, Düsseldorf und Den Haag. Nach seiner Berufung an die KGSchule Berlin Ost im Jahre 1926 übernahm er die Abteilung für Raummalerei. Ab 1930 lehrte er an der Kunsthandwerkerschule Berlin Charlottenburg. Er arbeitete lange mit Prof. Wehlte zusammen. Im April 1936 wechselte er an die Hansische Hochschule in Hamburg, wo er anstelle des ausgeschiedenen Willy von Beckerath Wandmalerei, Eresko, Sgraffitto und Materialkunde unterrichtete. 1937 heiratete er Lore Engler, sie bezogen eine Wohnung am Schwanenwik 29,
später 31. Er trat in freundschaftliche Beziehung zu Paul Bollmann, Peter Luksch und Hugo Meier-Thur. 1939 unternahm er eine Studienreise nach Italien. Sein Atelier in der Hansischen Hochschule wurde 1943 total ausge-
bombt, er selbst 1944 u.k. gestellt. Jahrelang stand er der “Gruppe 45” vor. Zu seinen Schülern gehörten Konrad Brockstedt, Johannes und Lore Ufer. Er starb an einem Hirntumor drei Monate nach einem Zusammenbruch in der Mensa der Hochschule.

Ns-zeit: Nach der Machtübernahme wurde Breest zunächst für zwei Monate vom Dienst suspendiert. Seine künstlerische Einstellung, die Zugehörigkeit zur Novembergruppe und seine “entartete” Malerei wurden ihm dabei vorgeworfen. Da seine architekturbezogenen Arbeiten diese Belastung jedoch abschwächten, konnte er nach langen Diskussionen die Lehrtätigkeit wieder aufnehmen. Der Leiter der KGSchule Berlin meldete ihn als Anwärter bei der SA an. Er unterrichtete eine vorwiegend links
eingestellte Studentengruppe, der er mit persönlichem Einsatz durch die NS-Prüfungskommission zum Examen verhalf. Wolfgang Willrich prangerte ihn in seinem Buch “Säuberung des Kunsttempels” (1937) als Kulturbolschewisten an, weil er Mitglied der Novembergruppe gewesen war. Das Wandbild im Restaurant des Flughafens Berlin Tempelhof, das er 1927 mit dem Architekten Paul Engler zusammen gemalt hatte, wurde in der NS-Zeit vernichtet, ein weiteres im Krankenhaus Rudow auf Anordnung von Göring ebenfalls. Weil er sich der politischen Aufsicht, der er als Verdächtiger in Berlin unterstand, entziehen wollte und ihm auch wegen seiner künstlerischen Arbeit Schwierigkeiten erwuchsen, bewarb er sich mit allen Mitteln nach Hamburg. Hier trug man ihn als SA-Angehörigen, nicht als Anwärter ein. Die Anwartschaft verlor er im selben Jahr aufgrund seines demonstrativen Desinteresses. Ein Jahr nach Aufnahme der Lehrtätigkeit an der Hansischen Hochschule wurde er im Mai 1937 mit den noch nicht in die Partei eingetretenen Lehrern zwangsweise Pg. Im Winter 1942/43 leitete Breest einen Kurs für Wandmalerei, in dem acht erfahrene Künstler in die Techniken des Kalk-Kaseins, der Freskomalerei, des Sgraffitos und des Mosaiks eingewiesen wurden. Er trat 1944 der Reichsdozentenschaft bei. Am 15.9.1945 wurde er aus der Hochschule entlassen. Friedrich Ahlers-Hestermann und drei seiner ehemaligen Studenten Friedrich Scheibe, Johannes Ufer und Joachim Rux, bürgten am 15.10.1945 für ihn. Reinhold Gruhn, ein weiterer ehemaliger Schüler in Berlin, bezeugte die aktive antifaschistische Einstellung seines Lehrers, der seine Wohnung bei Verfolgungen als Zufluchtsort zur Verfügung gestellt hatte. Durch seine politische Haltung war er innerhalb des Lehrkörpers der Schule großen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen.
Im Dezember 1947 stufte man ihn in die Entnazifierungs-Kategorie IV ein, die ihm freie Berufsausübrung gestattete. Daraufhin verwendeten sich andere ehemalige Schüler und Kollegen, Mantua und ae Irwahn, Peter Luksch, Max Mahlmann, Julius Honoré, Franz Nespethal und Adolf Bechli, mittlerweile Mitglieder der HamburgeGruppe von 1945, für ihn und erklärten die Einstufung in Kategorie IV als völlig unverständlich. Der Fotograf Johannes Grubenbecher, der selbst zu den gefährdeten Lehrern der Kunstschule gehört hatte, bescheinigte ihm, er habe sich in seiner Gesamthaltung im Gegensatz zum NS befunden und sie beibehalten trotz einer sehr heftigen Bespitzelung der Beamten-, Lehrer- und Studentenschaft der Kunstschule, die ihre Blut-und-Boden-Ideologie in
Handwerk und Kunst strikt verfolgt habe. Breest hingegen habe sich nicht vereinnahmen lassen und sich als Künstler und Lehrer auf keinerlei Konzessionen eingelassen. Verpflichtungen, Auftrage und Dienste der Partei habe er nach Möglichkeit sabotiert. Erich Hartmann, einer der
Beteiligten an den Kursen für Wandbildmaler, Willem Grimm, Alfred Mahlau und Willi Titze gaben ihrem Erstaunen über die Einstufung am 30.1.1948 Ausdruck. Kurt Porschke bezeugte Breests Nahe zur modernen Kunst sowie seine kosmopolitische Einstellung, Walter Funder
seine menschliche Anstandigkeit, Unerschrockenheit und Aufrichtigkeit. Ähnliches berichteten Eva Liitzenkirchen, Charlotte Voss, Bianca Dick-Seligmann. Erst am 2.3.1949 erfolgte die endgültige Rehabilitierung und die Wiedereinstellung. Wahrend sich das Verfahren in die Lange zog,
wurde Theo Ortner auf Breests Stelle berufen. Da er bei den Studenten beliebter war, zögerte man mit der Wiedereinstellung Breests. Nach einigem Hin und Her erhielt et ab Dezember 1947 ein Gehalt, aber keine Lehrbefugnis. Im Februar 1949 wurde die Stelle geteilt und Ortner wie
Breest mit unterschiedlichen Aufgaben betraut.

Werk: Sein Œuvre besteht vorwiegend in angewandten Arbeiten, Breest arbeitete bereits 1921 abstrakt, wie eine (bei Kliemann) abgebildete Stoffcollage zeigt. In der NS-Zeit waren er und Paul Bollmann nach Berichten einer Anzahl Schüler die einzigen Lehrer die künstlerische Belange an der Hochschule im Unterricht vertraten und sie durchsetzten. Der Architekt Hans M. Loop beauftragte ihn mit Wandmalereien für Privatbauten, die Machthaber mit künstlerischen Aufträgen, die er als Beamter der Hochschule zwangsläufig mit NS-genehmen Themen auszuführen hatte. Noch vor Anfang der informellen Malerei in den frühen 50er Jahren malte er wieder abstrakt und suchte mit Hilde Stromberger Anschluss an die Pariser Schule, bezog also Position gegen die neu gegründete Sezession und den fortbestehenden Impressionismus in Hamburg.

Aufträge: 1927 Berlin Wandbild in der Halle des Flughafens Tempelhof (vernichtet). Um 1930 Berlin Krankenhaus Rudow: Wandbild (auf Anordnung Görings entfernt). 1936-45 Hamburg Wandmalereien für Architekt Hans M. Loop in Hamburger Privatbauten.

Ausstellungen: 1920 Berlin Große Kunstausstellung. 1921 Berlin Novembergruppe. 1922 Berlin Große Berliner Kunstausst. 1948 Hamburg (mit Hilde Stromberger). 1950 Hamburg: Gruppe 45 und Zen 49. 1953 Hamburg MV: Gruppe 45. 1955 Kopenhagen: Gruppe 45. 1989/2.

Werke

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